Historischer Kompromiss – Der Weg dazu in Kürze

«Sehr geehrte Damen und Herren; gerne teile ich Ihnen mit, dass gegen die Sanierungsbeschlüsse der Gemeinden und die kantonalen Verfügungen keine Rechtsmittel ergriffen worden sind. Somit kann die Strasse saniert und mit den Ihnen bekannten Rahmenbedingungen für 10 Jahre betrieben werden.»

Was da Ende April 2017 in unserer Mailbox landete, tönt nicht besonders spektakulär. Fakt ist, dass dieser Nachricht ordnerweise Papier zugrunde liegt. Hunderte von E-Mails wurden geschrieben, x Telefonate geführt, stundenlange Sitzungen abgehalten, Gesetze gewälzt, Gutachten in Auftrag gegeben, Paragraphen zitiert, Ämter und Gerichte bemüht. Und jetzt ist er da, der historische Kompromiss: Für uns spektakulär und eine grosse Erleichterung.

Es geht um die Eigentalstrasse. Diese Gemeindestrasse führt mitten durch eines der bedeutendsten Natur- und Landschaftsschutzgebiete des Kantons Zürich. Sie grenzt an Flachmoor- und Trockenwiesenflächen sowie an Amphibienlaichgebiete, die in nationalen und teilweise kantonalen Schutzinventaren aufgeführt sind. Die Strasse führt vorbei an unseren eigenen Schutzgebieten. Sie belastet und zerschneidet ein wertvolles Biotop und sie bedeutet – trotz temporären Sperrungen – jedes Jahr den Tod für unzählige Amphibien.

Der Kältewinter 2012 war massgeblich daran beteiligt, dass sich daran etwas ändern sollte. Der Belag der Eigentalstrasse befand sich seit Längerem in schlechtem Zustand; Frostschäden führten dazu, dass eine sichere Strassenbenützung nicht mehr möglich war und die Strasse im Januar 2013 gesperrt wurde. Die unterschiedlichen Interessengruppen hatten daraufhin verschiedenste Ideen, was zu tun sei:

• Wenig überraschend gab es diejenigen, welche die Strasse sanieren und möglichst schnell wieder für den Verkehr freigeben wollten: Um möglichst schnell vom Embrachertal in den Raum Bassersdorf zu gelangen und um eine Verkehrszunahme in den umliegenden Gemeinden zu verhindern.
• Die Radfahrer wollten endlich ihren (im Richtplan festgehaltenen) Veloweg realisiert haben. Die Strasse führt zwar durch schönste Landschaften, ist aber eng und unübersichtlich und damit gefährlich.
• Aus Naturschutzsicht war klar: eine Wiederherstellung der Strasse für den Motorfahrzeugverkehr ist zu verhindern, besagen doch die Verordnungen sowohl zu den Flachmooren als auch zu den Amphibienschutzgebieten von nationaler Bedeutung, dass «bestehende Beeinträchtigungen von Objekten bei jeder sich bietenden Gelegenheit soweit als möglich rückgängig gemacht/beseitigt werden müssen». Und eine bessere Gelegenheit als diese ist kaum denkbar.

Wir wollten die Chance nutzen und die Strasse aufheben, um das Eigental als grossräumiges, ruhiges und ursprüngliches Natur- und Landschaftsschutzgebiet von den bestehenden Beeinträchtigungen durch den motorisierten Verkehr zu befreien. Im Frühling 2014 entschied das Verwaltungsgericht: Es braucht ein koordiniertes Verfahren. Um die gegensätzlichen Interessen unter einen Hut zu bringen, wurde der «Runde Tisch Eigental» geschaffen. In stundenlangen Sitzungen und seitenlangen Briefen bemühten sich die verschiedenen InteressensvertreterInnen in der Folge um eine für alle gangbare Lösung. Und diese wurde nun gefunden: Die Strasse soll noch während zehn Jahren befahrbar sein. Dazu wird sie «mit einfachsten Mitteln» (und möglichst kostengünstig) saniert, und danach wieder für den Verkehr geöffnet.

Um den Naturschutzinteressen Rechnung zu tragen, werden aber diverse Einschränkungen gelten:

• Abend- und Nachtsperrungen während der Frühlings- und Herbstwanderungen der Amphibien, Totalsperrungen im Sommer.
• Für Lastwagen gilt ein ganzjähriges Fahrverbot und ein Durchfahrtsverbot in Oberembrach.
• Für die anderen Verkehrsteilnehmer gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h.

In den zehn Jahren, in denen die Strasse noch geöffnet ist, haben die Gemeinden Zeit, die Probleme, die sich durch die Verkehrsverlagerung wegen der gesperrten Eigentalstrasse ergeben, anzupacken. Nach Ablauf der Frist wird die Strasse geschlossen, und die Gemeinden übergeben ihre Teilstücke dem Kanton, der darauf einen Radweg einrichtet. Nicht mehr benötigtes Strassenland, das an unser heutiges Eigentum angrenzt, wird BirdLife Zürich überschrieben.

Es ist ein Kompromiss. In unserem Idealbild ist das Eigental ein langfristig gesicherter Lebensraum für Pflanzen und Tiere und eine verkehrsfreies Erholungsgebiet für die Menschen. Wir hätten es lieber gesehen, wenn die Strasse schon jetzt zurückgebaut würde. Die Natur würde davon profitieren. Aber wir haben Verständnis, dass es hilft, Zeit zu haben, um ein sinnvolles Verkehrsregime zu planen, um dem «Eigentalausweichverkehr» zu begegnen. Und wir wollen Hand bieten für eine langfristig tragfähige Lösung. Daher stehen wir voll und ganz hinter diesem Kompromiss. Und wir zählen darauf, dass sich nun alle Beteiligten an den Massnahmenplan halten und der Strassenraum tatsächlich in zehn Jahren der Natur zurück gegeben wird. Wir werden ein Auge darauf haben und es 2027 mit einer Velotour durchs Eigental feiern!

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